Motorsport Club Nürnberg
Ein Verein mit Tradition
Wenn ein Mann seinen 50. Geburtstag feiert, dann sagt man, daß ihm die besten Jahre seines Lebens bevorstünden. Das gilt für einen Verein wie den Motorsport Club Nürnberg nur bedingt, denn der ist schon seit geraumer Zeit in der Blüte seines Daseins.
Wenn ein Mann seinen 50. Geburtstag feiert, dann sagt man, daß ihm die besten Jahre seines Lebens bevorstünden. Das gilt für einen Verein wie den Motorsport Club Nürnberg nur bedingt, denn der ist schon seit geraumer Zeit in der Blüte seines Daseins. Garant für das hohe Ansehen des MCN ist das Norisringrennen, das ebenfalls seit 50 Jahren das Ansehen des Klubs und der Stadt Nürnberg mehrt. Aber es sind nicht nur die „200 Meilen von Nürnberg”, die den Verein auf die gleiche Stufe stellen wie andere Veranstalter in Monte Carlo, Indianapolis oder Le Mans. Es sind vielmehr eine große Zahl von Veranstaltungen, das üppige gesellschaftliche Leben und die große sportliche Kameradschaft, die dem MCN zu seinem Ruf verholfen haben, einer der erfolgreichsten Motorsportvereine in der Welt zu sein.
Begonnen hat alles am 8. März 1947, einen Monat nach Gründung des ADAC-Gaues Nordbayern. An diesem Tag traf sich Diplomkaufmann Hans Richter mit einigen motorsportbegeisterten Männern in der Nürnberger Linden- aststraße und gründete die „Untersektion Nürnberg” unter dem Namen Motor- sportklub Nürnberg. Wohlgemerkt, damals „Klub” noch mit „k”. Geplant waren zunächst einmal Lichtbildervorträge und es wurde beschlossen, Frau Raps als Mitarbeiterin für die Geschäftsstelle zu verpflichten. Das Monatsgehalt für die Halbtagstätigkeit wurde mit 200.– Mark (brutto) festgelegt. Dr. Werner Endress, ebenfalls beim Gründungsakt anwesend, wollte sich bei den Triumph-Werken für die Überlassung einer Schreibmaschine für die Geschäftsstelle ein-setzen. Wichtigster Punkt der Planungen aber war die Ausrichtung eines Motorrad- rennens auf dem ehemaligen Reichspartei-tagsgelände, dessen Vorbereitung alsbald in die Hände genommen wurde.
Man muß sich die damalige Situation noch einmal genau vor Augen führen. Deutschland hatte den Krieg verloren, die Städte – auch Nürnberg – waren zerbombt,es gab kaum etwas zu essen und schon gar kein Benzin.
Also, ein Motorradrennen? Was 1947 noch gänzlich unmöglich schien, wurde von den Gründungsvätern des MCN entgegen aller Widerstände realisiert. Mit Unterstützung der amerikanischen Besatzungsmacht fand am 18. Mai 1947 tatsächlich das erste Rundstreckenrennen nach dem Krieg statt. Die US-Streitkräfte stellten Benzin schreiben, bei dem der Name „Norisring” vorgeschlagen und übernommen wurde. Und dieser Name gilt heute überall in Europa als das Synonym für großen Rennsport, gleichbedeutend mit Nürburg- und Hockenheimring. Nicht umsonst heißt es bei allen Rennserien: „Der Saisonhöhepunkt findet in Nürnberg statt”.
Der große Erfolg der Rennveranstaltungen in der Noris resultiert aus zwei Dingen. Erstens aus dem großen Engagement der Mitglieder des MCN und zweitens aus der Kompetenz der Rennleiter. Angefangen von Alfred Steiner über Rudolf Faust, Toni Fleischmann, Hans Steinbacher bis hin zum heute noch amtierenden Gernot Leistner, waren Männer am Werk, deren nimmermüdes Wirken den Ruf der Norisringrennen in aller Welt bekannt machten. Wer aber glaubt, damit seien die Aktivitäten des MotorSportClubs Nürnberg erschöpft gewesen, der täuscht sich. Das Programm der vom MCN organisierten Veranstaltungen umfaßt eine ganze Menge weiterer motorsportlicher Tätigkeiten, die den heutigen Besuchern an der Steintribüne kaum noch bekannt sein dürften.
Unter dem Begriff „Polizei-Großfahndungsfahrten” verbargen sich Ausfahrten, bei denen die Teilnehmer mit ihren Wagen knifflige kriminalistische Raffinessen und Tricks zu lösen hatten. Ausgangslage war immer ein ange- nommenes Verbrechen und die Fahrer mußten zu dessen Lösung beitragen. Erster Sieger am 17. Mai 1953 war übrigens Robert Stamminger, der mit 205 erreichten Zählern auch gleich die Höchstpunktzahl schaffte.
Ebenfalls auf der Veranstaltungsliste des MCN standen über lange Zeit die „Nordbayerischen Zuverlässigkeitsfahrten für Pkw und Motorräder”. Und schon damals war das Reglement überaus streng. Bei der ersten Austragung 1950 galt ebenso wie später: Jede Inanspruchnahme fremder Hilfe ist streng verboten. Das bedeutete, daß Strecken von bis zu 500 Kilometer Länge absolut allein bewältigt werden mußten.
Alle Reparaturen, alle Pannen mußten vom Fahrerteam behoben werden, hilfreiche Handgriffe von außen zogen den sofortigen Ausschluß nach sich. Sieger im Mannschaftswettbewerb war 1950 das Autohaus Krauss, später Arbeitgeber des heute noch amtierenden Rennleiters Gernot Leistner. Darüberhinaus wurden noch Go-Kart-Rennen, Noris-Rallyes, Sandbahnrennen auf der Zeppelinwiese, Fuchsjagden, Ballon-Verfolgungsfahrten, Reit- und Fahrturniere sowie die berühmten „Langen Nächte am Norisring” durchgeführt. „Lange Nächte” gibt es eigentlich häufig – nicht nur beim MCN – aber die in Nürnberg hatten es im wahrsten Sinne des Wortes in sich.
In früherer Zeit noch von Freitag auf Samstag, später dann organisations- bedingt von Samstag auf Sonntag, trafen sich MCN-Mitarbeiter, Fahrer, Funktionäre und Besucher im Fahrerlager und auf der Steintribüne, um in der Nacht vor dem Rennen neben dem Ernst der Veranstaltung auch dem Feiern seine Berechtigung zu geben. Das eine oder andere Mal wurde schon einmal die Sperrstunde überschritten, aber es hielt sich immer alles in Grenzen. Dritter Vorsitzender Heinz Fröhlich erinnert sich: „In der Anfangszeit waren ochseilartisten bei uns, die zu Fuß oder mit dem Motorrad auf die Steintribüne hinauf sollten. Die haben wir dann mit den alten Scheinwerfern angestrahlt, die in den Türmen angebracht waren und als Lichtorgeln das Reichsparteitags- gelände illuminieren sollten. Die waren aber so stark, daß die Artisten schon auf halbem Weg nichts mehr gesehen haben und hinterher fast blind waren”.
Unzählige Anekdoten ranken sich um die „Lange Nacht” des MCN, die auch im 50. Jahr des Vereins zu den festen Bestandteilen des sportlichen und Gesellschaftlichen Lebens gehört. Es waren immer mehr als 20.000 Besucher, die mit Streichhölzern und Feuerzeugen die Nacht um die Rennstrecke erhellten und für prächtige Stimmung sorgten.
Rund um den 2,3 Kilometer langen Kurs, auf dem auch heute noch die Rennen ausgetragen werden, sollten die Zuschauer nicht nur durch das Programm fasziniert werden, sondern auch durch das Umfeld. Das Fahrerlager wurde erstmals in Nürnberg für die Besucher geöffnet, später wurde eine riesige Videowand aufgestellt, Kombinationskarten für mehrere Tage wurden erstmals in Nürnberg verkauft, VGN-Vertrag, Mülltrennung – alles Ereignisse, bei denen der MCN Vorreiter war.
Es ist kein Zufall, daß der MCN seinen 50. Geburtstag in voller Blüte erleben kann. Der soziale Zusammenhalt, den ein Sportverein ohnehin bietet, ist hier ganz besonders ausgeprägt. Das Führungsteam um Gernot Leistner und Helmut Schlosser engagiert sich stark für sowohl sportliche wie auch gesell- schaftliche Belange, die etwa 400 Mitglieder fühlen sich wie in einer Großfamilie geborgen. All diese Erfolge und positiven Erkenntnisse sind aber nicht vom Himmel gefallen, sondern das Resultat kontinuierlicher und harter Vereinsarbeit, die beim MCN mit großer Disziplin und ebenso großem Erfolg praktiziert wird. Beispiele gibt es genug, aber es würde jeden Platz sprengen, wenn man an dieser Stelle alle erwähnen würde. Einige seien aber trotzdem genannt, wie zum Beispiel Helmut Schlosser, den Leiter der Streckensicherung. Er behält bei aller Hektik am Norisring immer die Ruhe und die Übersicht. Zu verdanken hat er das sicherlich der ihm angeborenen Ausgeglichenheit, die jeder, der am Norisring schon mit ihm in Kontakt kam, bestätigen kann. Nie läßt sich der Kaufmann von der Nervosität anstecken, nie verliert er die Beherrschung. Ein ruhender Pol in der Betriebsamkeit an der Strecke und immer im Bilde was wo geschieht.
Oder auch der 3. Vorsitzende des MCN, Heinz Fröhlich. Er kümmert sich das ganze Jahr um die Clubarbeit, ist immer zur Stelle, wenn er gebraucht wird wie auch Schatzmeister Volkmar Linde, der mit den Finanzen des Vereins immer so„jongliert”, daß der MCN ein Problem Finanzen überhaupt nicht kennt, und – das scheint im MCN so üblich zu sein – zumindest öffentlich nie schlechter Laune. Ungezählte Stunden ehrenamtlicher Tätigkeit leistet er genauso wie die anderen Mitglieder, die sich neben den „200 Meilen” auch für die Sportfahrern und die Jugendarbeit engagieren. Apropos Jugendarbeit. Dieses Thema geht immer ein wenig unter, weil es in den Medien viel zu wenig Resonanz findet. Beim MCN ist es jedoch eines der Standbeine, auf denen der Verein fest steht. In früheren Jahren noch als Seifenkistenrennen ausgetragen – mitten in der Nürnberger Altstadt – so hat man auch inzwischen den An- forderungen der „Neuzeit” Folge geleistet und ist auf andere Sportgeräte umgestiegen. Kart heißt heute die Parole, mit der die Jugend an den Motorsport herangeführt werden soll. Beim MCN hat man sich zwei Stück besorgt und schafft damit dem Nachwuchs ein Sprungbrett für weitere Aktionen:
Ein ganz „besonderer Fall” im MCN ist auch Manfred Schilling, der technische Leiter. Er ist auch einer derjenigen, die das ganze Jahr im Hintergrund tätig sind, aber deren Wirken für die Organisation des Norisringrennens unabdinglich ist. Und er ist tatsächlich das ganze Jahr beim Werkeln. Jeden Samstag ist er an der Rennstrecke und mit der Vor- oder Nachbereitung des Rennens beschäftigt. Zusammen mit vielen fleißigen Helfern wird schon im Dezember begonnen, den Kurs um die Steintribüne zu präparieren. Da werden Kassenhäuschen aufgestellt, da werden Ausrüstung und Geräte überprüft und gewartet, da wird einfach das getan, was beim Rennauftakt wie von Zauberhand da und nach Rennschluß wieder weg ist. Fast ist man ein wenig versucht zu sagen, daß das beim MCN alles noch so läuft wie in den Gründertagen. Sie tun es alle wie damals noch selbstverständlich ehrenamtlich, opfern ihre Freizeit – und davon eine Menge – für das Rennen und somit auch für den Verein.
Und das ist gerade eben wieder eines der Kriterien, die den MotorSportClub Nürnberg zu einem Ausnahmeverein machen. Das hohe Engagement der Mitglieder, das selbstverständliche Dasein wenn jemand gebraucht wird. Dies alles, zusammen mit den aktiven Sportfahrern sei es Auto oder Zweirad gibt dem MCN seit mittlerweile 50 Jahren das Flair der Einzigartigkeit. Manch einem mag dies übertrieben vorkommen, aber es entspricht der Realität. Schließlich hat sich der Verein über die ganze Zeit hinweg mit seinen Erfolgen bei Organisation oder auf sportlichem Gebiet einen international anerkannten Ruf erworben, was auch nach außen hin die vielen Ewald-Kroth-Medaillen in Gold mit Kranz, die für mindestens 20 Jahre ununterbrochene Funktionärstätigkeit vergeben wird, demonstrieren. Und das mit der unermüdlichen Mitarbeit aller Mitglieder, die – wie vorher erwähnt – die ihnen übertragenen Aufgaben bestens erledigen, Jahr für Jahr bei Hitze oder Regen an der Strecke ihren „Mann oder Frau” stehen. Nur so konnte ein Ereignis wie die „200 Meilen” als Produkt eines einzigen Vereins zu solch einem hohen Ansehen gelangen. Das ist aber gleichzeitig auch eine Verpflichtung für die Zukunft, denn in der soll das Norisringrennen erhalten bleiben. Wenn das Engagement der ehrenamtlichen Helfer so bleibt – und davon ist wohl beim MCN auszugehen – dann muß einem nicht bange sein. Dann hat der Verein auch eine Zukunft, sowohl sportlich wie auch gesellschaftlich. Die Clubabende oder die Jahresabschlußfeier sind Zeichen dafür, daß man beim MCN nicht nur arbeiten kann, sondern auch das Zusammengehörigkeitsgefühl pflegt. Das ist in jedem gesunden Verein so und der MCN ist auch im 50. Jahr seines Bestehens noch kerngesund und soll es auch in Zukunft bleiben.
Denn auch die nachfolgenden Generationen sollen im MotorSportClub Nürnberg ihre Heimat finden und das bisher Aufgebaute fortsetzen. Und das genau so, wie es bisher gestaltet wurde. Denn das Norisringrennen ist keine Veranstaltung um seiner selbst, sondern ein Großereignis im Rahmen des internationalen Motorsports, das es zu erhalten gilt. Und auch in Zukunft sollen wieder so erfolgreiche Aktive aus den MCN-Reihen hervorgehen wie Vorsitzender Leistner, der 1957 als Mitglied der deutschen Nationalmannschaft Weltmeister bei den Sixdays war, wie Willi Brösamle, der zweimal den deutschen Meistertitel der Geländefahrer (bis 250 ccm) holte. Außerdem sollte selbstverständlich sein, daß die Reihe der prominenten Norisringbesucher nicht abreißt.
Alles, was im Motorsport Rang und Namen hat, hat schon Nürnberg seine Referenz erwiesen. Namen wie Juan Manuel Fangio, Hermann Kling, Stirling Moss, Niki Lauda, Michael Schumacher (damit sind noch lange nicht alle genannt) zieren die Gästeliste des MotorSportClubs Nürnberg. So ist der Wunsch „auf die nächsten 50 Jahre” zwar etwas wehmütig, aber durchaus ernst gemeint.
Herzlichen Glückwunsch Motorsport Club Nürnberg, und bleib‘ wie du bist!
(ts)