Rennleiter Thomas Dill

schwärmt vom Norisring

Thomas Dill kennt den Norisring wie seine Westentasche – kein Wunder, zählte er doch schon mit 14 Jahren zu den fleißigen Helfern am Streckenrand.

In diesem Jahr fungiert der 54-jährige Ex-Rennfahrer und zweite Vorsitzende des Motorsport-Clubs Nürnberg (MCN) zum fünften Mal als Rennleiter des traditionellen Stadtkurses in der Deutschen Tourenwagen Meisterschaft (DTM).

Mit der NZ sprach Dill über die akribische Organisation, unliebsame Überraschungen und den spannenden Dreikampf auf der Strecke.

NZ: Herr Dill, welchen Rennsport haben Sie selbst früher betrieben?
Thomas Dill: Ich bin 24-Stunden-Rennen am Nürburgring gefahren, auf einem Porsche, auch GP-Rennen, war also auf vielen Rennstrecken in Deutschland und Europa unterwegs. Das hat sehr viel Spaß gemacht. Als es beruflich und privat nicht mehr vereinbar war, habe ich es aufgegeben.

NZ: Welches Auto fahren Sie privat?
Dill: Einen BMW Z4 Cabrio. Ich bin immer BMW-Fan gewesen.

NZ: Was müssen Sie im Vorfeld des Norisrings alles organisieren? Gab es dieses Jahr besondere „Baustellen“?
Dill: Wir mussten heuer sehr viel an der Strecke verbessern in Richtung Streckensicherheit, brauchten neue Leitplanken, neue Betongleitwände, neue Sicherheitszäune. Die Stadt Nürnberg hat für uns zwei, drei Stellen neu asphaltiert, die nicht mehr geeignet waren, um dort mit Rennautos so hohe Geschwindigkeiten zu fahren. Letztendlich ist es ein Straßenkurs, wo 365 Tage im Jahr Lastwagen fahren, Autos und Busse. Das sind die Dinge, mit denen wir schon im November begonnen haben, damit alles vor dem Rennen rechtzeitig fertig wird. Dann kommen Planung und Aufbau der Tribünen, Boxengasse, Container, Fahrerlager.

NZ: Welche Rolle spielt die Ablaufplanung fürs Rennwochenende an sich?
Dill: Eine sehr große. Beim Zeitplan müssen wir sehen, wann welches Rennen funktioniert, wie die Abläufe sind. In Nürnberg sind die Übergänge immer ein besonderes Thema, weil man die Zuschauer zwischen den Rennen von der Steintribüne wegbekommen muss.

NZ: Trotz akribischer Planung kann man nicht auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. So ein Zwischenfall wie 2009, als sich ein Gullydeckel löste, wäre ein Alptraum, oder?

Dill: In den letzten vier Jahren ist ja immer irgendwas Unvorhergesehenes passiert: Da war das schlechte Wetter letztes Jahr, dann der Einbruch der Fahrbahn, dann das mit diesem Deckel, der sich verselbständigt hat. Das sind Dinge, die kann man nicht planen, und deshalb ist es auch so wichtig, dass man viele Dinge im Vorfeld schon weg hat, damit man Zeit und Luft hat für akute Probleme. Wir hoffen natürlich, dass uns sowas nicht mehr passiert, aber man kann das nicht wissen. Das ist es auch, was einen immer ein bisschen nervös hält.
Immer auf Empfang: Auf dem Norisring sieht man Thomas Dill meist mit Handy am Ohr – schließlich muss einiges organisiert werden.
Immer auf Empfang: Auf dem Norisring sieht man Thomas Dill meist mit Handy am Ohr – schließlich muss einiges organisiert werden.

NZ: Sie sind also in Ihrem fünften Jahr als Rennleiter noch aufgeregt?
Dill: Ja. Es legt sich zwar mit der Zeit, aber eine gewisse Anspannung ist da, und je näher es zum Rennen hingeht, noch ein bisschen mehr. Deshalb versuche ich immer, nicht zu spät mit der Organisation zu beginnen, alles im Vorfeld abzuklären und strukturiert abzuarbeiten.

NZ: Wie viele Helfer haben Sie?

Dill: Wir haben einen engen Kreis von sechs Leuten, die unter dem Jahr die Vorbereitungsphase und die ganze Organisation mitmachen. Je näher es zum Rennen hingeht, kommt ein erweiterter harter Kern dazu. Da geht es um den ganzen Aufbau, die Tribünen, die Container, die Absperrungen. Am Rennwochenende sind wir knapp 650 Funktionäre aus allen Bereichen, die auch von befreundeten Klubs kommen oder vom THW.

NZ: Vom DTM-Veranstalter ITR ist das Norisring-Rennen 2011 zur Renn-Veranstaltung des Jahres gewählt worden. Das ist sicher eine große Motivation, oder?
Dill: Natürlich, denn das ist der Lohn für die ganzen ehrenamtlichen Helfer, die ihre Freizeit investieren, um dieses Event auf die Beine zu stellen. Dass das so honoriert wird gegenüber ganz starker Konkurrenz, das hat uns sehr gefreut und ist Anschub auch für die nächste Veranstaltung, dass man es vielleicht noch ein bisschen besser machen kann.

NZ: Sie arbeiten bei Siemens in Erlangen. Haben Sie für den Norisring Urlaub genommen?
Dill: Ja, diese Woche habe ich Urlaub, und nach dem Wochenende am Montag muss ich mich noch ein bisschen erholen, bevor ich am Dienstag wieder im Büro anfange.

NZ: Der Norisring ist fast ausverkauft. Könnte es einen neuen Zuschauerrekord geben?
Dill: Wir rechnen mit etwa140000 Zuschauern am Wochenende. Rekorde kann man nicht planen, deshalb bin ich vorsichtig mit solchen euphorischen Vorhersagen.

NZ: Vor einem Jahr musste man am Norisring die Winterjacken auspacken. Was sagen die Wetterprognosen diesmal?
Dill: Letztes Jahr war es in der Woche vor dem Rennen sehr heiß, und von Samstag auf Sonntag ist es umgekippt. Ich kann nur hoffen, dass die Zuschauer diesmal keine Winterjacken brauchen, sondern dass das traditionelle sprichwörtliche Norisring-Wetter herrschen wird: nicht zu heiß, nicht zu kalt, und ohne Regen.

NZ: Was erwarten Sie sich in der DTM vom Dreikampf der Hersteller?
Dill: Es ist schön, dass BMW nach 20 Jahren wieder am Norisring dabei ist. Mich freut es persönlich auch sehr, dass BMW in dieser Saison schon ein Mal gewonnen hat. Von den Autos, der Technik und der Performance her sind BMW, Audi und Mercedes relativ gleichwertig. Das hält die Spannung hoch – darauf hoffen wir auch am Norisring.

NZ: A propos Spannung: Lassen sich am Sonntag Motorsport und Fußball-EM-Finale vereinbaren?
Dill: Auf jeden Fall. Das Endspiel ist erst am späten Sonntagabend, und wir sind um 15 Uhr durch mit unserem Rennen. Also selbst wenn jemand zwei, drei Stunden nach Hause fahren muss, kriegt er das hin.

NZ: Welchen Wunsch haben Sie fürs Rennwochenende?
Dill: Dass es unfallfrei abläuft für Fahrer, Funktionäre und Zuschauer, und dass das Wetter schön ist, so dass es ein tolles Fest wird für alle.

NZ