Studentinnen arbeiten als Boxenluder
Ein echter Blickfang und ein beliebtes Fotomotiv war Pavla Chaloupkova beim Norisring-Rennen. Die 23-jährige Studentin aus der Tschechischen Republik arbeitete zum ersten Mal als sogenanntes Gridgirl.
Hübsche Frauen und schnelle Autos: Keiner weiß warum, aber beides gehört – zumindet für viele Männer – untrennbar zusammen. Auch auf dem Norisring sorgten 30 sogenannte Gridgirls für die optische Untermalung der Rennwagen. Zum Klischee vom blonden Dummchen ist es da nicht weit. Aber stimmt das?
„Mannomann, die war jetzt mal wirklich groß“, sagt ein Mann, als Pavla Chaloupkova an ihm vorbeigeht. Mit offenem Mund blicken er und sein Begleiter der blonden Schönheit in der kurzen, gelben Hose hinterher. Die 23-jährige Tschechin ist 1,81 Meter groß – ohne Schuhe, noch einmal zehn Zentimeter größer mit hohen Absätzen. Sie hat blonde, lange Haare, trägt Kleidergröße 36 und überragt locker alle Männer, die sich mit ihr fotografieren lassen wollen.
Chaloupkova ist das erste Jahr als Gridgirl auf DTM-Rennen unterwegs, ebenso die 29 anderen Kolleginnen aus der Tschechischen Republik. Zuvor wurden immer deutsche Models für diesen Job ausgewählt. Nach neun Jahren bekam nun erstmals eine Prager Modelagentur den Zuschlag. Über die Gründe ist von Seiten des Veranstalters nichts zu erfahren.
„Dieses Jahr sind die Frauen besonders hübsch“, freut sich Stefan Monschein, offizieller Gridgirl-Betreuer bei der DTM. Kein Wunder, dass er ins Schwärmen kommt: Die Models müssen mindestens 1,70 Meter groß sein, höchstens Kleidergröße 36 tragen, langes glänzendes Haar und möglichst lange Beine haben. So, wie die 23-jährige Chaloupkova. „Mir macht der Job Spaß“, sagt sie. Für ein Wochenende sei das schon mal in Ordnung, dass die Männer ihr hinterherpfeifen oder sie lüstern anschauen, um sich dann doch eher verschüchtert für ein Foto neben sie zu stellen.
Ihre Freundin Marketa Korinkova hat die gute Bezahlung als Gridgirl gereizt. Auch sie studiert und jobbt nebenher in einer Werbeagentur.
Im richtigen Leben, daheim in Prag, arbeitet Chaloupkova neben ihrem Tourismusstudium als Marketingbeauftragte in einem großen Prager Restaurant. Gerade hat sie ihren Bachelorabschluss gemacht, das Masterstudium soll noch folgen. „Als Studentin muss man jeden Job mitnehmen, der gutes Geld bringt“, sagt die 23-Jährige. „Aber dass ich so etwas für immer mache, kann ich mir nicht vorstellen.“ Ihre Freundin Marketa Korinkova sieht das genauso. „Wenn ich ehrlich bin, mache ich das vor allem des Geldes wegen“, sagt die 22-jährige Marketingstudentin, während sie Kreuzworträtsel löst. Gespräche sind in dem Aufenthaltsraum oberhalb der Boxengasse ohnehin nur schwer möglich, wenn die DTM-Autos mit über 250 Kilometer pro Stunde und mit ohrenbetäubendem Lärm vorbeirasen.
Ein Arbeitstag dauert zwischen zwölf und 16 Stunden. Neben der eigentlichen Arbeit im Startbereich müssen die Gridgirls vor allem ihren Sponsor repräsentieren, bei Autogrammstunden der Profis anwesend sein und immer nett lächeln, wenn ein Besucher ein Foto mit ihnen schießen will.
Am Norisring ist für die jungen Frauen Halbzeit als „Boxenluder“. Hockenheim, Spielberg und der Lausitzring waren die ersten Stationen, München, Nürburgring, Oschersleben und Hockenheim folgen noch. Nach jedem Wochenende geht es zurück in die Heimat, wo die Frauen ihrem normalen Beruf nachgehen. Die meisten sind Studentinnen, nur wenige arbeiten hauptberuflich als Models.
Chaloupkova freut sich schon auf zu Hause und darauf, wieder die ganz normale Tourismusstudentin zu sein. Mit ihren langen Beinen, die auf einer Höhe mit den Bauchansätzen mancher Männer liegen, ist sie zwar auch in Prag ein Blickfang. Aber in ihrer Freizeit kaschiert sie ihre Größe am liebsten mit Stoffhosen und Flip-Flops. Sie will wiederkommen nächstes Jahr – wenn die Bezahlung stimmt.
Katrin Meistring, Nürnberger Zeitung